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Hochschule Bonn-Rhein-Sieg gründet mit weiteren Hochschulen „Zentrum für Assistive Technologien Rhein-Ruhr“

Wie lassen sich digitale kognitive Assistenzsysteme individuell und vorausschauend an Bedürfnisse von Menschen anpassen? Um diese Frage geht es in dem neuen Projekt „Zentrum Assistive Technologien (ZAT) Rhein-Ruhr“, in dem die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) mit den Hochschulen Rhein-Waal und Niederrhein sowie der Universität Duisburg-Essen zusammenarbeitet. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) fördert das Projekt in den nächsten drei Jahren mit 2,7 Millionen Euro.


Therapieroboter trainieren mit Schlaganfallpatienten die Motorik, Lernroboter interagieren mit autistischen Kindern, Pflegeroboter erinnern Seniorinnen und Senioren an ihre Medikamente: Die Bandbreite der digitalen Helfer für vulnerable Gruppen ist inzwischen groß – und der Bedarf wird mit Blick auf demografischen Wandel und Fachkräftemangel vermutlich weiter steigen. Derzeit leben rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland, weitere 2,7 Millionen mit einer leichten amtlich anerkannten Behinderung.

Bei der Entwicklung der aktuellen Assistenzsysteme standen technische Aspekte im Mittelpunkt. Die Forschenden im ZAT Rhein-Ruhr wollen nun einen Schritt weiter gehen. „Uns geht es um die Frage, wie sich die Assistenzsysteme an die menschlichen Bedürfnisse anpassen lassen“, sagt Professorin Teena Chakkalayil Hassan, die für das Projekt an der H-BRS verantwortlich ist. „Dieses interaktive Verständnis ist neu.“ Ziel des Projektes ist es, die Entwicklung von personalisierten Assistenzsystemen voranzutreiben.

Bei der aktuellen Generation von Hilfsrobotern wurden zeitlich absehbare Veränderungen bei den Nutzerinnen und Nutzern durch Lern-, Alterungs- oder Krankheitsverläufe nicht mitberücksichtigt - also zum Beispiel der Verlust des Hörvermögens einerseits oder das Wiedererlangen von motorischen oder verbalen Fähigkeiten nach einem Schlaganfall andererseits. In dem Projekt ZAT Rhein-Ruhr wollen die Forschenden diese nun mitbedenken und die Art und Weise der Hilfestellung sowie die Kommunikation der digitalen Helfer automatisiert an die individuellen Bedürfnisse der Nutzenden anpassen. Die Systeme sollen die Menschen im Alltag bei Aufgaben unterstützen, für die kognitive Fähigkeiten benötigt werden; sie zeigen dabei ein intelligentes Verhalten und können auf künstlicher Intelligenz basieren.

Neben der gemeinsamen Entwicklung von innovativen Assistenzsystemen mithilfe dezentraler Strukturen will das interdisziplinäre Team der vier Hochschulen ein Zentrum als Plattform im Netz aufbauen. Auf diese Weise sollen Transfermöglichkeiten geschaffen werden, indem zum Beispiel die Vernetzung von Forschenden und Verbänden vereinfacht wird. Auf der Plattform sollen Interessierte und Betroffene Informationen über die aktuellen Forschungsprojekte bekommen, aber auch in den Austausch mit den Forschenden treten können, um wertvolle Hinweise zu geben. Feedback zu den Neuentwicklungen können Anwenderinnen und Anwender auch bei Testläufen in den geplanten mobilen „Technik-Cafés“ äußern. Zudem sind Workshops und Symposien geplant, um die Vernetzung und Weiterentwicklung vor allem von jungen Forschenden in dem Themengebiet zu fördern. „Der Mensch steht im Mittelpunkt“, betont Professorin Hassan. „Unser Projekt ist ein Zukunftsversprechen.“

„Digitale Assistenzsysteme werden in unserer alternden Gesellschaft wichtiger werden“, ergänzt Professor Remi Maier-Rigaud, Vizepräsident Forschung und Wissenschaftlicher Nachwuchs. „Unsere Forschenden zeigen, wie technische und gesellschaftliche Entwicklung zusammen gedacht und gestaltet werden müssen. Nur so lässt sich Akzeptanz bei den Nutzenden erreichen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit unseren Partnerhochschulen im neuen Zentrum Assistive Technologien“, führt der Vizepräsident der Hochschule weiter aus. 

Die H-BRS verantwortet in dem Forschungsverbund das Thema Vertrauenswürdigkeit der pro-adaptiven kognitiven Assistenzsysteme, also neben der funktionalen Sicherheit die Datensicherheit und den Schutz der Privatsphäre. Das sind Forschungsschwerpunkte von H-BRS-Informatikprofessor Luigi Lo Iacono. „Es geht hier um personenbezogene und gegebenenfalls auch sensible Daten, deshalb müssen wir besonders vorsichtig sein“, betont Professorin Hassan. Darüber hinaus bringt die Hochschule mehrere Labore aus den Bereichen Service-Robotik, Künstliche Intelligenz und Human-Centered Privacy sowie das Zentrum für Ethik und Verantwortung ein. Sie will Konzepte zu ethischen und datenschutzrechtlichen Standards entwickeln.

„Hervorzuheben ist der hohe Grad an Interdisziplinarität der verschiedenen Forscherenden und Gruppierungen innerhalb dieses Forschungsverbundes“, ergänzt Professor Sascha Alda, Dekan des Fachbereichs Informatik der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Diese besondere Konstellation ermöglicht eine ganzheitliche Entwicklung von digitalen Assistenzsystemen, womit wir uns von vergleichenden Vorhaben klar abgrenzen können.“

Die Zukunftsthemen Künstliche Intelligenz und Autonome Systeme bilden einen Forschungsschwerpunkt an der H-BRS. Forschung, Lehre und Transfer werden im Anfang 2023 gegründeten Institut für KI und Autonome Systeme (A2S) gebündelt. Dessen Leiterin ist Professorin Teena Chakkalayil Hassan, die Expertin auf dem Gebiet der sozialen Interaktion zwischen Mensch und Roboter ist. Die Forscherin arbeitet unter anderem an Assistenzsystemen zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen.